Nach drei Jahren unfreiwilliger Abstinenz konnte dictaJet Ende Juni 2023 endlich wieder an der Aktionswoche „Wiesbaden engagiert!“ teilnehmen. Dieses Mal waren wir auf dem Erbenheimer Hof bei Naturefund e.V. Alle wollten mitmachen und fast das gesamte Team nahm an der Aktion teil. Auch der dictaJet-Nachwuchsredakteur war am Start und machte den Bauernhof unsicher. Mit 22 Leuten konnten wir an einem Tag richtig etwas bewegen.
Was ist “Wiesbaden engagiert!“?
„Wiesbaden engagiert!“ ist eine Aktionswoche, bei der Wiesbadener Unternehmen einen Tag lang gemeinnützige Organisationen unterstützen. Beide Seiten melden sich vorab an und finden sich zu Paarungen zusammen. Dabei kann der Bedarf von wenigen bis ganz vielen hilfreichen Händen reichen.
Die Arbeitseinsätze bei den gemeinnützigen Organisationen sollen nach Möglichkeit alle innerhalb der Aktionswoche stattfinden. Es geht aber auch zu einem anderen Zeitpunkt, wenn es organisatorisch nicht anders möglich ist. In der Aktionswoche sieht man dann in ganz Wiesbaden Einzelne oder Grüppchen in den markanten „Wiesbaden engagiert!“-T-Shirts. Jedes Jahr hat das Logo darauf eine andere Farbe und es ist immer schön zu sehen, dass viele Leute ihre Shirts aus den Vorjahren wiederverwenden – auch hier ganz im Sinne der Nachhaltigkeit.
Ins Leben gerufen wurde die Aktion vor mehr als 20 Jahren vom Amt für Soziale Arbeit. Die Motivation war und ist, Akteure der Wirtschaft ins Boot zu holen, um das Gemeinwesen zu verbessern.
Was macht Naturefund?
Naturefund e.V. ist ein 2003 gegründeter Naturschutzverein. Er hat das Ziel, Lebensräume und Natur weltweit schützen. Ganz konkret hat der Verein die Vision, weltweit 3,5 Mio. km2 für die Natur zu kaufen und zu schützen. Und das Konzept scheint aufzugehen, denn 1,5 km2 sind 2023 bereits geschafft.
Der Verein kauft Flächen in unterschiedlichsten Ländern, um die dortigen Ökosysteme zu erhalten bzw. wiederaufzubauen. Dies geschieht in enger Zusammenarbeit mit den Menschen vor Ort und soll zusätzlich die Verbreitung regenerativer Landwirtschaft fördern. Außerdem ist angesichts des voranschreitenden Klimawandels auch Aufforstung ein wichtiges Thema geworden.
Für diese Ziele führt Naturefund viele Projekte in Deutschland durch, setzt sich zum Beispiel aber auch für die Rettung des Regenwalds in Madagaskar, Aufforstung in Honduras oder den Rückkauf von Land für ein indigenes Volk in Kolumbien. Die Liste der Projekte ist lang und auch sonst hält die Website von Naturefund unter dem Menüpunkt „Wissen“ viele interessante Informationen bereit.
Wer einen Beitrag leisten möchte, kann Geld spenden, Fördermitglied werden oder mitanpacken (zum Beispiel auf den Streuobstwiesen, auf denen dictaJet 2019 im Rahmen von „Wiesbaden Engagiert!“ geholfen hat).
Unser Projekt 2023: dynamischer Agroforst
Der Dynamische Agroforst (DAF) wurde entwickelt, um ein naturähnliches und stabiles Ökosystem zu schaffen. Vorbild sind die Anbaumethoden indigener Völker in Lateinamerika. Sie betreiben mitten im Urwald Landwirtschaft, indem sie kleine Parzellen bebauen, die von unberührter Natur umgeben sind. DAF wurde zwar weiterentwickelt, um die Bedürfnisse der heutigen Landwirtschaft zu erfüllen, das Grundprinzip ist aber noch dasselbe: Nutzpflanzen werden zusammen mit sogenannten Beipflanzen auf ein- und derselben Fläche angebaut. Dies schützt einerseits die Nutzpflanzen vor Wind und Erosion, andererseits entsteht aber auch eine höhere Biodiversität – bei den Pflanzen und im Boden.
Naturefund entwickelt diese Anbaumethode stetig weiter und setzt sie in Projekten auf der ganzen Welt ein. Dabei hat sich gezeigt, dass sie höhere Erträge liefert als konventioneller Anbau und die Widerstandsfähigkeit der Pflanzen gegenüber Klimafolgen verbessert. Zusätzlich sind weitaus weniger Pestizide und künstliche Dünger erforderlich und selbst degenerierte Böden erholen sich vergleichsweise schnell.
Wer möchte, kann diese Methode auch im eigenen Garten oder auf dem Balkon testen. Eine Anleitung gibt es hier.
dictaJet im dynamischen Agroforst
dictaJet ist nun nicht nach Lateinamerika gejettet, aber Naturefund hat direkt vor unserer Haustür ebenfalls ein DAF-Projekt, bei dem wir helfen konnten. Bei der Ankunft an unserem Einsatzort bot sich uns ein ungewohntes Bild. Statt einem großen Feld mit denselben Pflanzen gab es lange Streifen, die abwechselnd aussahen wie ein „normales“ Feld oder wie ein etwas verwilderter Garten.
Martin Unfricht, der bei Naturefund verschiedene Projekte in und um Wiesbaden betreut, erklärte und als Erstes, was dynamischer Agroforst ist. Neben den vielen interessanten Infos über den Nutzen der Anbaumethode gab es sogar Ergebnisse zum Anfassen: Es wurden kleine Erdschollen herumgereicht. Die eine stammte aus konventioneller Landwirtschaft und war dicht, hart und homogen. Die andere stammte aus dem dynamischen Agroforst und sah ganz anders aus. Sie war so locker, dass sie uns fast in den Fingern zerbröselte und hatte Anteile aus ganz verschiedenen Farben und Konsistenzen. Diese andere Beschaffenheit entsteht, weil der Boden durch DAF mehr Humus und Nützlinge beherbergt.
Unsere Aufgabe für den Tag war es, in einem oder mehreren der „wilden Streifen“ etwas aufzuräumen. In Kleingruppen mit einer Gruppenleiterin/einem Gruppenleiter von Naturefund schnitten wir nach und nach die stark gewuchterten Beipflanzen zurück. Der Grünschnitt wurde um die Pflanzen herumgelegt, die gefördert werden sollen. Dabei stellten wir fest, dass die Streifen nicht nur als Beipflanzen für die landwirtschaftlich genutzten Streifen dienen, sondern auch in sich ein dynamischer Agroforst sind. Die Nutzpflanzen darin sind vor allem Beerensträucher, aber zum Beispiel auch wilder Spargel und kleinere Bäume. (Und Naschen bei der Arbeit war ausdrücklich erlaubt. 😊 )
Zwischendurch war auch für das leibliche Wohl gut gesorgt dank verschiedener Kuchen und Getränken, die zum Verschnaufen einluden. Es gab viele gute Gespräche und Redakteur Giuseppe konnte auch bei der Feldarbeit nicht auf Technik verzichten und machte ein paar Bilder mit seiner Kameradrohne.
Zufriedenstellendes Ergebnis
Während der Arbeit, mit dem Kopf zwischen den Pflanzen, erschien die Arbeit sehr schleppend, aber hinterher sah die Sache ganz anders aus. Man konnte einen richtigen Unterschied zu vorher sehen und wir können uns auf die Schultern klopfen, was wir gemeinsam geschafft haben.