Die Begriffe „Lokalisierung“ und „Übersetzung“ werden häufig synonym verwendet. Es hat also beides mit der Übertragung von Texten von einer Sprache in eine andere zu tun. Aber was genau ist der Unterschied? Ganz pauschal kann man sagen: Beim Übersetzen wird einfach das übersetzt, „was dasteht“. Bei der Lokalisierung kommt es zusätzlich zu Anpassungen an den Zielmarkt.
Lokalisierung theoretisch – kulturspezifische Anpassungen
Dank der Globalisierung nimmt die Toleranz für Informationen und Darstellungen, die von den eigenen kulturellen Gepflogenheiten abweichen, in weiten Teilen der Welt immer weiter zu. In vielen Fällen sind Anpassungen an den Zielmarkt dennoch ratsam, da sich ein Fehltritt auf das Image des Produkts oder sogar des Unternehmens auswirken kann.
Nachfolgend sind einige Aspekte aufgeführt, die möglicherweise anzupassen sind:
- Farbpaletten (z. B. in China sind Farben von sehr großer Bedeutung)
- Schriftarten
- Zeichensätze
- Abbildungen
- Maßeinheiten (°F in den USA im Gegensatz zu °C in Europa)
- Format von Datum, Uhrzeit, Telefonnummern etc.
- Geltende Normen
Insbesondere bei Abbildungen ist häufig eine Anpassung an die kulturellen Gepflogenheiten und Erwartungen der Zielgruppe im anvisierten Absatz- oder Nutzungsgebiet erforderlich. Hier kann es um Aspekte gehen, die auf den ersten Blick banal erscheinen. Z. B. haben US-Amerikaner*innen beim Wort „Hammer“ ein deutlich anderes Bild vor Augen als Deutsche. Und auch ein typisches Haus sieht in den USA ganz anders aus als in Mitteleuropa.
Die resultierende Verwirrung bei den Leser*innen ist zwar möglicherweise nur kurz. Sie kann sich jedoch schlimmstenfalls auf die Akzeptanz eines Dokuments und damit des Produkts auswirken.
Die Folgen fehlender Lokalisierung
Ein eindrückliches Zeugnis für diesen Zusammenhang liefern kurios gescheiterte Werbekampagnen, bei denen kulturelle Aspekte nicht berücksichtigt wurden. So wollte das das schwedische Unternehmen Electrolux in der Werbung die besonders gute Saugleistung seines Staubsaugers betonen. Daher warb es in Großbritannien mit dem Slogan
„Nothing sucks like an Electrolux“
und feierte damit Erfolge. Für die Erschließung des US-amerikanischen Marktes war nicht einmal eine Übersetzung erforderlich, sodass der Slogan unverändert übernommen wurde. Hier hätte eine Überprüfung des kulturellen Bezugs dem Unternehmen viel Geld sparen können. Denn in den USA bedeutet der Slogan so viel wie „Es gibt nichts Schlechteres als einen Electrolux“, sodass sich das Gerät dort nicht durchsetzen konnte.
Entsprechend sollte bei der Erschließung neuer Märkte immer geprüft werden, inwiefern kulturelle Besonderheiten zu berücksichtigen sind.
Lokalisierung in der Praxis – Aufgabe der Übersetzer*innen?
Da Übersetzung und Lokalisierung so eng miteinander verwandt sind, liegt die Annahme nahe, dass die Lokalisierung beim Übersetzen stattfindet. Bei Aspekten wie Datums- und Uhrzeitformat ist dies auch der Fall. In den meisten Fällen können Übersetzer*innen jedoch nicht selbst über die Lokalisierung entscheiden. Dies ist höchstens in simplen Fällen möglich, aber auch dann unwahrscheinlich. Wenn z. B. Temperaturangaben in °C und °F angegeben sind, wissen Fachkräfte im Übersetzungsbereich natürlich, dass °F in Deutschland absolut unüblich ist. Für deutsche Servicetechniker*innen, die in den USA eingesetzt werden und nur Thermometer mit Fahrenheit-Skala zur Verfügung haben, kann diese Angabe jedoch notwendig sein. Es gibt daher selbst in einem scheinbar simplen Fall mehrere Möglichkeiten für den Umgang mit Lokalisierungsbedarf während der Übersetzung:
- Fahrenheit-Angabe wird in der deutschen Übersetzung beibehalten
- Übersetzer*in ist sich sicher, dass die Fahrenheit-Angabe vernachlässigbar ist und lässt sie weg
- Entscheidung fällt in Rücksprache mit dem beauftragenden Unternehmen
In den ersten beiden Fällen besteht immer die Gefahr, dass der/die Übersetzer*in nicht alle Einsatzgebiete oder unternehmensspezifischen Besonderheiten des beauftragenden Unternehmens kennt und daher eine ungünstige Entscheidung trifft.
Hinzu kommt, dass die Umsetzung einer Anpassung während der Übersetzung auch technisch schwierig ist, weil anschließend der Ausgangs- und Zieltext im Translation-Memory-System nicht mehr zusammenpassen. Dies kann bei späteren Übersetzungen Probleme verursachen, weshalb viele Übersetzer*innen einem solchen Vorgehen kritisch gegenüberstehen.
Verschiedene Wege zum Ziel
Besser ist es, die Lokalisierung von vornherein zu bedenken. Wenn bereits vor der Übersetzung feststeht, dass kulturelle Anpassungen notwendig sind, gibt es drei Möglichkeiten für die eigentliche Lokalisierung:
- Die Lokalisierung erfolgt schon vor Übersetzungsbeginn, indem der zu übersetzende Text in der Ausgangssprache an die Anforderungen des Ziellandes angepasst wird. Anschließend muss nur noch klassisch übersetzt werden.
- Das Unternehmen macht sich vorher Gedanken über die nötigen Anpassungen und macht klare Vorgaben für die Übersetzung der betreffenden Stellen.
- Kulturspezifische Anpassungen finden nach Abschluss der Übersetzung direkt im fremdsprachigen Text statt. (Nachteil: Die geänderten Stellen sind nicht im Translation-Memory enthalten und können daher nicht automatisch wiederverwendet werden.)
Wie so oft ist das A und O, dass alle Beteiligten sich der besonderen Anforderungen bewusst sind und miteinander kommunizieren. Dann steht einer gelungenen Lokalisierung nichts im Wege. Als Denkanstoß können Sie gerne kostenlos unsere kurze Checkliste für den Lokalisierungsbedarf herunterladen.