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Beigelung

Beigelung – eine Besonderheit der Technischen Dokumentation

Wer mit dem Begriff „Beigelung“ nicht vertraut ist, liest wahrscheinlich zunächst einmal „Bei-gelung“. Tatsächlich ist der Wortstamm aber der Igel, sodass „Be-igelung“ richtig ist. Was aber hat ein Igel mit Technischer Dokumentation zu tun? Zunächst einmal gar nichts.

„Beigelung“ ist bei technischen Zeichnungen und Grafiken eine Bezeichnung für am Rand liegende Beschriftungen, die über eine Linie mit der zugehörigen Stelle in der Abbildung verbunden sind. Das Ergebnis muss einen fantasievollen Menschen an einen Igel erinnert haben – und die Bezeichnung hat sich gehalten. Der Terminus ist in der Fachsprache der Technischen Redaktion absolut gängig. Alternativ wird auch die aus dem Englischen entlehnte Bezeichnung „Callout“ verwendet.

(1) Partyhut (2) Milchglas (3) Kekse

Verwendungszweck

Eine solche Beigelung ist insbesondere bei detailreichen Abbildungen praktisch. Würde man die Beschriftung oder die Bezugszahlen für die Legende (dazu weiter unten mehr) direkt auf die Abbildung setzen, könnten sie wichtige Teile verdecken. Indem der Text in das Umfeld der eigentlichen Abbildung verlagert wird, ergibt sich eine bessere Übersichtlichkeit und die Verbindungsstriche verdecken mit ihrer geringen Fläche nur ein Minimum.

Eine beigelte Abbildung bietet dem Leserauge eine gute Orientierung: Jedes abgebildete Element, das von Bedeutung ist, hat auch eine Beschriftung. Damit können die Leser*innen sich schnell mit dem abgebildeten Objekt vertraut machen. Und andersherum können sie die Beschriftungen überfliegen und schnell zum gewünschten Element gelangen, wenn etwas Bestimmtes gesucht wird.

Ein weiterer Vorteil ist die Wiederverwendbarkeit beigelter Grafiken. Bei zwei Produkten, die identisch aufgebaut, aber in zwei Größen vorhanden sind, müssen nur der Text oder die Abmessungen verändert werden, nicht aber die Grafik selbst.

Beispiel für eine technische Zeichnung mit Beigelung

Bei digitalen, interaktiven Grafiken lässt sich der Effekt einer Beigelung durch Hervorheben bei Überfahren mit der Maus besonders schön erzielen. Da dies bei gedruckten Handbüchern nicht möglich ist, stellt die Beigelung mit Verbindungsstrichen hier den bestmöglichen Kompromiss dar zwischen Zuordnungsmöglichkeit und sichtbarer Grafik.

Regeln

Für die Beigelung selbst haben sich einige Regeln ergeben, die zwar nicht verbindlich sind, aber bewährte Verfahren abbilden:

Anordnung der Beigelungspunkte:

  • Von links nach rechts
  • Von oben nach unten
  • Bei umlaufender Beschriftung im Uhrzeigersinn und beginnend bei „12 Uhr“
  • Bei brückenförmiger Beschriftung ebenfalls im Uhrzeigersinn, aber von links nach rechts
  • Bündige Ausrichtung der Strichenden und Beigelungspunkte
  • Beschriftung in der Grafik möglichst nicht mit Text, sondern mit Buchstaben/Zahlen zur Markierung und tabellarischer Legende darunter
  • Falls Beschriftungen in der Grafik unumgänglich sind, Laufweite an beiden Seiten begrenzen, damit die Grafik weiterhin strukturiert aussieht und einfache Orientierung fürs Auge bietet

Vermeidung von Text-Beschriftungen

Wie oben angesprochen, sollte der Beschreibungstext nicht in der Grafik selbst stehen. Stattdessen ist es ratsam, die Beigelung nur mit Buchstaben oder Zahlen zu beschriften und unter der Grafik eine tabellarische Legende anzufügen, in der den Beigelungspunkten der jeweilige Beschreibungstext zugeordnet wird. Hierfür gibt es zwei Gründe:

  1. Es ist aufwendig, Text-Grafiken nachträglich zu bearbeiten, weil dazu immer ein Bildbearbeitungsprogramm nötig ist und die Grafik anschließend erneut eingebunden werden muss.
  2. Bei einer Übersetzung entsteht gleich doppelter Zusatzaufwand: Text in einer Grafik muss vor der Übersetzung manuell in einer separaten Liste erfasst werden und nach der Übersetzung wieder in die Grafik eingebaut werden.

Beides verursacht zusätzliche Kosten, die sich vermeiden lassen, wenn direkt mit textfreien Grafiken und einer bearbeitbaren Legende gearbeitet wird.